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Gertrud (Christine Franziska) Kückelmann ("Kücki")
* 3. Januar 1929 (München) - + 17. Januar 1979 (München)
 
Gertrud Kückelmann wurde am 3. Januar 1929 als Tochter des Frauenarztes Heinrich Wilhelm Ludwig Kückelmann aus dem Ruhrgebiet  und der aus Hamburg stammenden Schauspielerin Anna Kückelmann (geb. Guba) in der Burgstraße in München geboren. 
Gertrud Kückelmann zeigte schon sehr früh Interesse an Tanz und Theater. Ihre Eltern waren einverstanden, dass sie die Kinderballettschule Charilindis besuchte, aber nur so lange es die schulischen Leistungen nicht beeinträchtigt. Sie wollte aber unbedingt Tänzerin werden, auch wenn ihr Vater sie gerne als Kinderärztin gesehen hätte. Schon mit 13 Jahren (ab 1942) war sie Elevin am Ballett der Münchner Staatsoper. Sie bliebt dort bis 1946. Vom Mai 1946 bis 1949 war sie als Gruppentänzerin am Staatstheater am Gärtnerplatz engagiert. Neben der Tätigkeit als Tänzerin nahm sie noch weiteren Tanzunterricht an der Labanschule Hess. Bei einer Staatsprüfung entdeckte Bertil Wetzelsberger, damals Intendant an den Württembergischen Staatstheatern, der diese Prüfung abnahm, bei ihr eine pantomimische Begabung und riet ihr auch noch Schauspielunterricht zu nehmen. Langsam reifte in ihr der Gedanke, dass dies vielleicht ihr Weg sein könnte. Drei Jahre lang nahm sie Unterricht bei Friedrich Domin und studierte nebenbei Gesang bei Prof. Müller in München. In der Spielzeit 1945/46 war sie als "Der gestiefelte Kater" in den Münchner Kammerspielen zu sehen.
Zu ihrem ersten Theaterengagement 1949 kam sie durch Zufall. Die Münchner Kammerspiele suchten für die Rolle der Christine in Roger Ferdinands "Verbotene Reise" eine Schauspielerin und riefen bei ihr an, um sie zu einem Vorsprechen einzuladen. Sie bekam die Rolle und dazu noch einen Jahresvertrag. An den Münchner Kammerspielen wurde sie rasch zu einem Publikumsliebling. 
Wichtige Rollen ihrer Anfangszeit an den Kammerspielen waren: Angelique in "Der eingebildete Kranke", Cecily in "Bunbury" von Oscar Wilde, Gigi im gleichnamigen Stück von Colette, Abigail in Arthur Millers "Hexenjagd", Lotosblüte in "Das Teehaus unter dem Augustmond" von John Patrick und Jeanne in "Jeanne oder Die Lerche" von Jean Anouilh, Susanne in "Der tolle Tag" von Beaumarchais und Salome in "Der Talisman" von Nestroy.
1951/52 gastierte sie im Münchner Kabarett "Die kleine Freiheit" in dem Programm "Achtung, Kurve!", 1952 an der Stuttgarter Komödie im Marquardt in Fritz Rotters Schauspiel "Christine" und am Theater im Brunnenhof in der Münchner Residenz als Peter Pan in Bruno Hübners Inszenierung von John M. Barries gleichnamigen Stück.
Schon früh wurde sie auch  von der Filmindustrie entdeckt. Bereits 1949 mit 20 Jahren stand sie für den Märchenfilm "Hans im Glück" zum erstenmal vor der Kamera.
Danach folgten:
 
"Rausch einer Nacht"
Alternativtitel - Österreich "Alexa" (1950)
(für diesen Film erhielt sie zusammen mit Gardy Granass den Bundes-Filmpreis für die beste Nachwuchsschauspielerin des Jahres 1951)
"Das seltsame Leben des Herrn Bruggs" (1951)
Alternativtitel - Österreich "Der seltsame Herr Bruggs" "Papa Bruggs"
"Mutter sein dagegen sehr" (1951)
Alternativtitel - Österreich "... Mutter sein dagegen sehr!"
"Haus des Lebens" (1952)
"Der Weibertausch" (1952)
"Fräulein Casanova" (1952)
"Der Kaplan von San Lorenzo" (1952/53)
"Ein Herz spielt falsch" (1953)
"Musik bei Nacht" (1953)
"Die Stärkere" (1953)
"Das tanzende Herz" (1953)
"Ein Haus voll Liebe" Alternativtitel - Deutschland "Das verliebte Haus", Alternativtitel - Österreich  "Glück ins Haus" (1954)
"Der Engel mit dem Flammenschwert" (1954)
"Die goldene Pest" (1954)
"Reich mir die Hand mein Leben" (1955), Originaltitel "Mozart"
"Frucht ohne Liebe" (1955/56) Alternativtitel "Geheimnisse einer Ehe"
"Die ganze Welt singt nur Amore" (1956)
"Spielbank-Affäre" (DEFA, 1956/57) Alternativtitel - Deutschland "Parkplatz zur großen Sehnsucht" (BRD 1962)
 
Aufgrund massiver Proteste der katholischen wie der protestantischen Kirche gegenüber dem Film "Frucht ohne Liebe", der die künstliche Befruchtung thematisierte, blieben weitere Filmangebote aus, so daß sie ihren letzten Film in der DDR gedreht hat.
Zu einem letzten Auftreten in einem Kinofilm kam es 1974/75 unter der Regie ihres Bruders Norbert Kückelmann in dem Film "Die Angst ist ein zweiter Schatten".
Hans Helmut Prinzler hat in seinem Artikel über Gertrud Kückelmann in der Zeitschrift "Filmgeschichte" (Nr. 11/12, Mai 1998) zusammenfassend über ihre Tätigkeit beim Film geschrieben: "Wenn ich es recht bedenke, hat sie zwar in vielen sehr erfolgreichen Filmen mitgespielt, aber darunter kein einziges großes, über die Zeiten hinaus bedeutendes Werk." Prinzlers Analyse stellt keinen Vorwurf an die Schauspielerin Gertrud Kückelmann dar, sondern ist ein Urteil, dass auf die gesamte westdeutsche Filmindustrie der 50er Jahre zutrifft.
Gertrud Kückelmann war sehr wohl bewußt, daß das Theater ihre wahre künstlerische Heimat ist, und der Film eben dazu dient in einer viel breiteren Öffentlichkeit bekannt zu werden. 
 
Dafür erhielt sie ab 1956 große Aufgaben im Fernsehen und Hörfunk, die größtenteil auch aus dem Bereich Theater kamen. Glücklicherweise sind dadurch zwei Inszenierungen der Münchner Kammerspiele filmisch für die Nachwelt erhalten geblieben: 1964 die berühmte Kortner-Inszenierung von "Leonce und Lena" und 1967 "Liebe für Liebe" von William Congreve.
 
Weitere Rollen für das Fernsehen waren:
Susanna in der Fernseh-Inszenierung der Mozart-Oper "Die Hochzeit des Figaro" von Kurt Wilhelm
Anna in "Tageszeiten der Liebe" von Dario Niccodemi
Lea in "Ein gewisser Judas" unter der Regie von Oskar Werner (er spielte auch die Rolle des Judas)
Blanche in "Die begnadete Angst" von Georges Bernanos
Judith in "Das mittlere Fenster" nach der Erzählung von Elizabeth Goudge
Sophie in "Die Mitschuldigen" von J. W. v. Goethe
Laura James in "Schau heimwärts, Engel" nach dem Roman von Thomas Wolfe
Erzieherin in "Die sündigen Engel" nach der Erzählung von Henry James
Janine in "Der Gärtner von Toulouse" von Georg Kaiser
Jennifer Errol in "Der kleine Lord"
Valentine in "Reisender ohne Gepäck" von Jean Anouilh
Sophie Mereau in "Briefe der Liebe"
Andromache in "Der Trojanische Krieg findet nicht statt" von Jean Giraudoux
Michaline Kramer in "Michael Kramer" von Gerhard Hauptmann
Isabella in "Der Ritter von Mirakel" von Lope de Vega
Anna Maria in "Bethanien" von Jean Giraudoux
Berta Garlan im gleichnamigen Stüch von Arthur Schnitzler
Mizzi in "Komtesse Mizzi" von Arthur Schnitzler
Cecil Harrington in "Love from a stranger" "Ein Fremder klopft an" "Villa Nachtigall" von Agatha Christie
Marianne in "Traumnovelle" von Arthur Schnitzler
Helen in der Groteske "Frohe Ostern"
Jessica Tilehouse in "Die See" von Edward Bond
Clare Duncan in "Flirt von gestern"
Aline in "Baumeister Solness" von Henrik Ibsen
Afra in "Der Ruepp" von Ludwig Thoma
 
Im Hörfunk interpretierte sie unter anderem folgende Rollen:
 
Sissy im Singspiel von Fritz Kreisler (eine der wenigen Gelegenheiten, bei denen sie auch ihr Gesangstalent zeigen konnte)
Angela in "Der Pfarrer vom blühenden Weinberg" von Felix Timmermnns
Eugenie in "Sie reisen nicht, Fräulein von Montijo"
Fee Cheristane in "Der Verschwender" von Ferdinand Raimund
Agnes Bernauer im gleichnamigen Stück von Friedrich Hebbel
Mathilde Möhring im gleichnamigen Stück von Theodor Fontane
Mascha in "Drei Schwestern" von Anton Tschechow
Sylvie in "Sylvie" nach Gerard de Nerval
Cordelia Wahl in "Das Tagebuch eines Verführers" von Sören Kierkegaard
Judith im gleichnamigen Stück von Jean Giraudoux
Dorine in "Der Tartüff" von Moliere
Hero in "Des Meeres und der Liebe Wellen" von Franz Grillparzer
Gretchen in "Der Urfaust" von Goethe
Johanna in "Die heilige Johanna" von George Bernard Shaw
Leonore von Este in "Torquato Tasso" von Goethe
Kamilla in "Man spielt nicht mit der Liebe" von Alfred de Musset
Catherine Holly in "Plötzlich letzten Sommer" von Tennessee Williams
 
1957 gastierte sie am Münchner Residenztheater, 1957 und 1958 folgten Tourneen mit Cocteaus "Bacchus" (mit Oskar Werner und Werner Krauss) und Shakespeares "Hamlet". 1959 trat sie bei den von Oskar Werner initiierten und tragisch gescheiterten Innsbrucker Schauspielwochen als Luise in "Kabale und Liebe" und als Edrita in "Weh dem, der lügt" auf. 
1962 gastierte sie als Laura in Tennessee Williams "Glasmenagerie" an den Kölner Kammerspielen.
 
Zu ihren großen darstellerischen Leistungen an den Kammerspielen zählen ab 1960 die Barblin in "Andorra" von Max Frisch, die Dorine in Molieres "Tartüff", die Karin Mansdotter in Strindbergs Königsdrama "Erich XIV.", die Lena in "Leonce und Lena" in Kortners Inszenierung, Angelica in "Liebe für Liebe", Nina in "Die Möwe"von Tschechow und vor allem die Marianne in "Geschichten aus dem Wienerwald" und die Karoline in "Kasimir und Karoline" beide von Ödön von Horvath.
 
Im Herbst 1968 heiratet sie den Fernsehregisseur  Fritz Schuster, doch die Ehe sollte nicht von langer Dauer sein, sie wird im Spätsommer 1971 wieder geschieden.
"Ich habe in jungen Jahren, als ich wirklilch weiblich und anschmiegsam, nur meinen Beruf gehabt. Daß man als Frau eines Tages eine Grenze überschreitet und für die Ehe zu spröde wird, habe ich gar nicht gemerkt."
 
Im Herbst 1969 bricht sie sie Proben für die Verhoeven-Iszenierung von Shakespeares "Liebes Leid und Lust" ab und erklärt, dass sie ihren am Jahresende auslaufenden Vertrag nicht verlängern werde.
"Ich fühle mich in diesem Haus nicht mehr sicher, und Unsicherheit macht unproduktiv. Ich habe das Gefühl, hier dem Denkmal einer jugendlichen Naiven zu begegnen, man will einfach nicht einsehen, dass ich nun in ein neues Fach überwechseln muß" sagte sie selber zu ihrer Situation (SZ, 25./26.10.1969).
 
Nach  ihrem Weggang von den Kammerspielen arbeitete sie einige Monate als Krankenschwester in einer Nervenheilanstalt. Eine wichtige Erfahrung, wie sie rückblickend sagte. Diese Zeit half ihr, sich endlich von dem Image der jugendlichen Naiven zu befreien.
 
Ab 1971 spielte sie wieder Theater. Zuerst in Bern am Ateliertheater die Nora im gleichnamigen Stück von Ibsen und am Stadttheater die Minna in "Minna vonBarnhelm" von Lessing.
Ab 1972 gehörte sie dem Ensemble des Münchner Residenztheaters an. Rollen wie Johanna in "Ein Fest für Boris" von Thomas Bernhard (1972, R. Jürgen Flimm), die Schauspielerin Anna Meinhold-Aigner in "Das weite Land" von Arthur Schnitzler oder Jessica Tilehouse in Luc Bondys Inszenierung von Edward Bonds "Die See" (1973) zeigen ihren Wechsel in ein reiferes Fach.
Weitere Rollen am Residenztheater waren Warwara in "Das Mandat" von Nikolaj Erdman (1973), Fürstin Leonore von Este in "Torquato Tasso" von Goethe und Frau Stockmann in Ibsens "Ein Volksfeind" (1972).
Nach dem Erfolg von "Ein Fest für Boris" wollte Jürgen Flimm sie auch 1974 für die Mammutrolle der Generalin in Bernhards "Jagdgesellschaft". "Ich habe Meisel (damals Intendant des Bayerischen Staatsschauspiels) von Anfang an gesagt, daß ich diese mir ferne Rolle nur spielen kann, wenn wenigstens 50 Prozent von meiner Persönlichkeit an der Gestaltung mitbeteiligt sind. Wir haben zweieinhalb Wochen geprobt. Es ging nicht. Ich kann nicht gegen meine Überzeugung spielen. Obwohl ich keine anderen Angebote hatte, habe ich meinen Vertrag mit dem Staatsschauspiel, der noch anderthalb Jahre lief, aufgegeben."
1975 spielte sie die Rolle der Andrea mit Axel von Ambesser in dessen Komödie "Begegnung im Herbst"  in den Hamburger Kammerspielen und am Berliner Renaissance-Theater. 
Von März bis Juni 1976 geht sie als Aline in "Baumeister Solness" von H. Ibsen auf Tournee. "Ich fand in der Aline eine kleinere, aber wichtige Aufgabe; eine Frau, die in der Kindheit steckengeblieben ist, und sich nicht zum Menschen entwickeln konnte."
Im Jahr darauf folgt eine zweite Tournee. Von September bis Dezember 1977 spielt sie die Rolle der Slávka Hlubinova in Frána Srámeks "Mond über dem Fluß". 
Im November 1977 bricht sie unter Schmerzen auf der Bühne des Bonner Stadttheaters zusammen und muß sich einer Darmoperation unterziehen. Im Frühjahr 1978 kehrt sie an die Münchner Kammerspiele zurück und spielt in Ionescos "Der Mann mit den Koffern" mehrere Rollen (April 1978). Anschließend geht sie von September bis Dezember 1978 als Hannah Jelkes in Williams "Die Nacht des Leguan" auf Tournee, die von der Züricher Bühne 64 veranstaltet wurde. 
Anfang 1979 verpflichtet sie der Intendant des Berner Stadttheater David Esrig für die nächste Spielzeit (insgesamt sechs Monate) als Winnie in "Glückliche Tage" von Samuel Beckett. 
Dann, zwei Wochen nach ihrem 50. Geburtstag, geschieht das Schreckliche. Sie stürzt sich aus einem Fenster des vierten Stocks der Wohnung ihres Bruders in der Elisabethstraße in Schwabing. Eine von der Staatsanwaltschaft angeordnete Obduktion ergab eine weit fortgeschrittene Darmkrebserkrankung. Sie hat keinen Abschiedsbrief hinterlassen.
Ihr Grab befindet sich auf dem Münchner Waldfriedhof - Alter Teil (226-1-33).
 
 
 
 
 
 
Bild aufgenommen vom Autor am 25. Todestag von Gertrud Kückelmann am 17. Januar 2004
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

 

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